K. Humoristische Gedichte von Eugen Roth (1895-1976)

  1. Der Meister—Ein Mensch sitzt da, ein schläfrig trüber,/ ein andrer döst ihm gegenüber./ Sie reden nichts, sie stieren stumm./ Mein Gott, denkst du, sind die zwei dumm./ Der eine brummt, wie nebenbei/ ganz langsam: Tc6-c2./ Der andre wird allmählich wach/ und knurrt: Da3-g3: Schach!/ Der erste, weiter nicht erregt,/ starrt vor sich hin und überlegt./ Dann plötzlich, vor Erstaunen platt,/ seufzt er ein einzig Wörtlein: Matt!/ Und die du hieltst für niedre Geister,/ erkennst du jetzt als hohe Meister!

  2. Wandel---Ein Mensch möcht, neunzehnhundertsiebzehn,/ bei der Regierung sich beliebt sehn./ Doch muss er, neunzehnhundertachtzehn,/ schon andre, leider, an der Macht sehn./ Klug will er, neunzehnhundertneunzehn,/ sich als der Kommunisten Freund sehn./ So wandelt unser Mensch sich fleißig/ auch neunzehnhundertdreiunddreißig./ Und, zeitig merkt man´s, er geniert sich/ nicht neunzehnhundertfünfundvierzig./ Er denkt sich, als ein halber Held,/ verstellt ist noch nicht umgestellt./ Wir dürfen, wenn auch leicht betroffen,/ noch allerhand von ihm erhoffen.

  3. Voreilig--- Ein Mensch in seinem ersten Zorn/ wirft leicht die Flinte in das Korn,/ und wenn ihm dann der Zorn verfliegt,/ die Flinte wo im Korne liegt./ Der Mensch bedarf dann mancher Finte,/ zu kriegen eine neue Flinte.

  4. Sprichwörtliches--- Ein Mensch bemerkt mit bitterm Zorn,/ dass keine Rose ohne Dorn./ Doch muss ihn noch viel mehr erbosen,/ dass sehr viel Dornen ohne Rosen.

  5. Man wird bescheiden--- Ein Mensch erhofft sich fromm und still,/ dass er einst das kriegt, was er will./ Bis er dann doch dem Wahn erliegt/ und schließlich das will, was er kriegt.

  6. Allzu eifrig--- Ein Mensch sagt – und ist stolz darauf - / er geh in seinen Pflichten auf./ Bald aber, nicht mehr ganz so munter,/ geht er in seinen Pflichten unter.

  7. Das Bessere--- Ein Mensch denkt logisch, Schritt für Schritt,/ jedoch, er kommt nicht weit damit./ Ein andrer Mensch ist besser dran:/ Er fängt ganz schlicht zu glauben an./ Im Staube bleibt Verstand oft liegen - / Der Glaube aber kann auch fliegen!

  8. Feingefühl--- Ein Mensch sieht ein – und das ist wichtig:/ Nichts ist ganz falsch und nichts ganz richtig!

  9. Trost--- Ein Mensch, entschlusslos und verträumt,/ hat wiederholt sein Glück versäumt./ Doch ist der Trost ihm einzuräumen:/ Man kann sein Unglück auch versäumen.

  10. Reue--- Ein Mensch in Reuequalen schrie:/ „Oh hätt ich nie, oh hätt ich nie!“/ Dann wieder, und gar wilder noch:/ „Oh hätt ich doch, oh hätt ich doch!“/Zu spät! Doch oft wie Scherben passen/ zusammen falsches Tun und Lassen!

  11. Natur vollbringt oft wunderbar,/ was eigentlich nicht möglich war.

  12. Weil Geist uns ja erst Freude macht,/ sobald er zu Papier gebracht.

  13. Er sollte nur die Kunst erwerben,/ als Mensch zu leben und zu sterben.

  14. Von nun an lebt er höchst bescheiden/ im Rebenhag der eignen Leiden/ und keltert sich, in milder Sonne/ gereift, den Wein der eignen Wonne.

  15. Ein Mensch nimmt, guten Glaubens, an,/ er hab das Äußerste getan./ Doch leider Gotts versäumt er nun,/ auch noch das Innerste zu tun.

  16. Kleinigkeiten--- Ein Mensch – das trifft man gar nicht selten – der selbst nichts gilt, lässt auch nichts gelte