T. Bedenkenswertes

  1. Worte, die Brücken bauen.

    Das Wichtigste, was wir einander zu sagen haben, besteht oft nur aus ein paar Worten.

Eine der Aussagen, die uns oft weiterhilft, lautet: „Ich komme.“ Wenn wir schon einmal einen Arzt am Wochenende anrufen mussten, weiß man, wie gut dieser Satz tut. Wenn wir mit einer Autopanne am Straßenrand festsaßen und der angerufene Notdienst antwortete am Telefon: „Ich komme!“ Oder auch nur, wenn jemand ruft: „Kannst du mir helfen?“ und sofort kommt die Antwort : „Ich komme.“

Einer der Sätze, die am schwierigsten zu lernen sind, heißt: „Vielleicht hast du recht.“ Diese Worte können oftmals in einem Streit entwaffnend wirken. Wenn wir nur auf unserem Standpunkt beharren und dem anderen in nichts nachgeben wollen, erweisen wir uns selbst meist einen schlechten Dienst.

Einen anderen Satz haben wie sicherlich schon gehört, wenn wir vor einer schwierigen Entscheidung standen. Ein Freund riet uns: „Hör auf deine innere Stimme.“ Die anderen können zwar Vorschläge machen, aber in den meisten Fällen werden sie für unsere Fehler keine Verantwortung übernehmen. Wir müssen unsere Entscheidungen selbst treffen. Psychologen nennen das „im Einklang mit sich selbst sein“.

Deshalb könnten diese einfachen und doch tiefsinnigen Worte von Nutzen sein:

Ich komme.“---„Vielleicht hast du recht.“---„Hör auf deine innere Stimme.“



  1. Fünf Lebensregeln für das Alter

Erstens : Denke immer positiv! Entwickele eine vitale Lebenseinstellung und Humor und sehe das Alter als Chance. Genieße Zärtlichkeit, schöne Erlebnisse wie kleine Alltagsfreuden.

Zweitens : Trainiere dein Gehirn! Suche dir Hobbys und Aufgaben, die dich herausfordern und die dir Freude machen. Der Gehirnzellstoffwechsel benötigt immer neue Anreize.

Drittens : Bleibe stets offen für Neues! Überlege beizeiten, wie du dein Alter gestalten willst. Für Veränderungen und Neuanfänge ist es nie zu spät.

Viertens : Pflege Kontakte! Soziale Aktivitäten stärken das Wohlbefinden. Treffe des Öfteren mit Freunden und Bekannten zusammen. Engagiere dich für andere.

Fünftens : Beginne jeden Tag wie ein neues Leben! Überlege, was wirklich wichtig ist. Stelle dir vor, dir bliebe nur noch eine kurze Zeit zu leben: Was würdest du tun?



  1. Laudatio

So präsentiert sich einer, der die Dinge mit Abstand betrachten kann und der es wohl vornehmlich seinem Charakter verdankt, dass ihm Schläge unter die Gürtellinie erspart blieben. Außerdem: „Ich bin streitbar, nicht streitsüchtig.“ Wenn der Mann überzeugt, dann sanft. oder eben nicht. Und dann ist es auch gut.



  1. Aus dem Koran

Wofern ihr einem grollet, ihr sollet nicht meiden seine Nähe. Aufsuchet ihn und grüßet ihn und sprechet aus euch sänftiglich und ohne scharfer Rede Dorn in jeglichem, was euch an ihm verdrießet. Der Bessre sein wird der von euch, der als der Erste kommt und grüßt.



  1. Über das Reisen

Jede Reise ist eine Reise nach innen und jedes Vorüberfahren ein Abschied. Anzukommen, gleich wo, bedeutet eine Rückkehr nach Hause – mit einem durchs Reisen veränderten Selbst an einem durchs Bleiben veränderten Ort. Oftmals ist aber auch der Weg das Ziel.

Nicht so hochtrabend die Gedanken von Günter Hinneburg:

Die Erlebnisse einer Reise anderen zu erzählen erweckt oft Interesse, sie nachzuvollziehen. Erzeugt manchmal aber auch Neid oder Langeweile bei den Zuhörern.



  1. Über das Glück

      1. Glück ist das komplizierte Wechselspiel zwischen dem, was wir haben, und dem, was wir wollen.
        Rezepte zum Glücklichwerden (von Heiko Ernst) :
        - Lerne, den Augenblick zu genießen. Tue das, was du tust, mit voller Konzentration.
        - Suche dir Aufgaben, die dich voll fordern.
        - Investiere Zeit und Energie in die Menschen, die dir nahe stehen.
        - Konzentriere dich auf das Wesentliche. Konsumiere nicht wahllos, was geboten wird.
        - Übe dich in Gelassenheit, versuche nicht, das Glück zu erzwingen.

      2. Solange wir ein Glück erleben, sind wir uns dessen nie so recht bewusst. Erst wenn es uns verlassen hat und wir Rückschau halten, merken wir plötzlich – und zuweilen mit Erstaunen – wie glücklich wir waren. (Kazantzakis im „Alexis Sorbas“)

      3. Zur Silberhochzeit

    Es mögen euch alle Zeit erhalten bleiben:

    - die Liebe, die euch den anderen mit immer neuen Augen sehen lässt,

    - die Wärme, aus der ihr die Jahre Stück für Stück euer Nest gebaut habt,

    - die Gelassenheit, mit der ihr über eure kleinen Fehler hinwegsehen könnt,

    - die Ausdauer, mit der ihr euch euren gemeinsamen Herausforderungen stellt,

    - die Geduld, mit der ihr die Flüsse eurer Seelen habt zusammenfließen lassen,

    - die Bereitschaft, mit der ihr euch gegenseitig den Rücken stärkt,

    - die Sehnsucht, mit der ihr immer wieder zum anderen heimkehrt

    - und die Gewissheit, dass der eine immer im anderen aufgehoben ist.

    -d) Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit. (Sören Kierkegaard, dän. Schriftsteller)



  1. Über den Krieg

      1. Gelesen im Ernst-Barlach-Museum:

Drum sei verflucht der Krieg,

verflucht das Werk der Waffen.

Es hat der Weise nichts

mit seinem Wahn zu schaffen. (Li-Tai-Pe, 600 n.C.)

Der Engel von Güstrow

Im Dom wollte Ernst Barlach ihn haben.

Nur hier konnte aus seinem Ehrenmal für die Gefallenen

der mahnende Engel für die Lebenden werden:

„Nie wieder Krieg, niemals Gewalt, versöhnende Liebe sei euer Ziel.“ (Renate Kirsch, Remscheid)

        b) Aus dem Lesebuch „Spaziergang mit Seneca“

Die Erfindung moderner Waffen hat neue Tötungsmöglichkeiten eröffnet. Vor allem hat es die verfeinerte Tötungstechnik mit sich gebracht, dass dem Handelnden die Folgen seines Tuns nicht unmittelbar ans Herz greifen. Die tiefen gefühlsmäßigen Schichten unserer Seele nehmen es einfach nicht mehr zur Kenntnis, dass das Abkrümmen eines Zeigefingers zur Folge hat, dass unser Schuss einem anderen Menschen die Eingeweide zerreißt.

    Nur durch Abschirmung unserer Gefühle gegen alle sinnfälligen Folgen unseres Tuns wird es möglich, dass ein Mensch, der es kaum fertigbrächte, einem unartigen Kind eine verdiente Ohrfeige zu geben, es sehr wohl über sich bringen kann, den Auslöseknopf einer Raketenwaffe oder einer Bombenabwurf-Vorrichtung zu betätigen und damit Hunderte von liebenswerten Kindern einem grässlichen Flammentod zu überantworten. ( Konrad Lorenz, Verhaltensforscher, 1903-1989)

      1. Eine schreckliche Art der Folter

Beliebt war im Vietnam Krieg auch die „Airborn Interrogation“. In einem Hubschrauber wurden drei Verdächtige übers Land geflogen. Ein Agent der CIA forderte von einem „Rede!“ und warf den Gefangenen dann aus dem Helikopter, bevor der überhaupt den Mund aufmachen konnte. Dasselbe passierte mit dem Zweiten. „Die Idee war, die ersten beiden zu verschwenden“, gab der ehemalige Agent Elton Manzione später zu, „dann konntest du dir sicher sein, dass man dem Dritten den Mund zuhalten musste, damit er mit dem Reden aufhörte.“ (aus der Zeitschrift „Stern“ Nr. 1/2006)



  1. Über die Einmischung

Einmischung ist etwas Zweischneidiges. #Wenn zwei sich streiten, misch dich nicht ein# lautet eine kluge Redewendung aus meiner Kinderzeit. Doch eine Einschränkung mache ich:

niedermacht, da sehe ich nicht zu, da kann ich nicht zusehen, da darf ich nicht zusehen, da überwinde ich meine Angst, vergesse meine Klugheit und springe ihnen bei. (Friedrich Schorlemmer, geb. 1944, Theologe u. Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels)



  1. Über Wahrheit und Ehrlichkeit

    Taktisches Verschweigen einer unangenehmen Wahrheit ist noch kein Verstoß gegen die Ehrlichkeit. Sich gegenseitig auf freundliche und dosierte Weise einen Teil der Wahrheit zu sagen ist ein Phänomen, das Psychologen „selektive Authentizität“ nennen. Denn Fairness ist nicht das Ergebnis grenzenloser Ehrlichkeit, sondern des dosierten Umgangs mit ihr.

    (Wolfgang Hantel, Professor der Psychologie)



  1. Über einen Krankenhausaufenthalt

Ob sich die Gesunden draußen vorstellen können, wie diese Art von Gefangenschaft ist - krank, elend, geschwächt.-.und zusammengepfercht mit Menschen, die man sich ja nicht aussuchen kann?!

Die größte Tapferkeit ist irgendwann verbraucht. (Maxie Wander „Tagebücher“)



  1. Über den Zufall

Manchmal denke ich darüber nach, wie die Zeit uns vorantreibt. Wir kommen an einen Punkt, wo wir uns entscheiden müssen. Durch Zufall oder durch die Wahl, die wir treffen, lassen wir andere Leben zurück, die wir hätten leben können – erfüllt von anderen Leidenschaften und Freuden, anderen Sorgen und Enttäuschungen. Ich denke über die Leben nach, die nicht stattgefunden hätten, wenn der Zufall oder eine bewusste Entscheidung uns an einen anderen Ort geführt hätte. (Lisa Bain)



  1. Über die Bequemlichkeit

Seien Sie aktiv, anstatt sich passiv berieseln zu lassen. Ein Computerspiel ist allemal besser als dumpfes Fernsehgucken, und wenn Sie einen Partner für Schach finden – um so besser. ( Aus der Zeitschrift „Stern“)



  1. Über die Ehe

      1. Es ist unrealistisch, in einer Ehe vom anderen Vollkommenheit zu erwarten. Wenn zwei Menschen in allem übereinstimmen, ist einer von ihnen überflüssig. Je eher wir die akzeptieren, desto besser sind wir in der Lage, uns aneinander anzupassen und die Gemeinsamkeiten zu genießen. (Billy Graham)

      2. Die Ehe gibt dem Einzelnen Begrenzung und dadurch dem Ganzen Sicherheit. (Friedrich Hebbel)

      3. Eine Ehe ohne Streit gibt es nicht. Sie wäre auch todlangweilig. Nicht aus den Differenzen in einer Ehe entstehen die Probleme, sondern aus der Art, wie die Partner mit ihnen umgehen. Es ist falsch, um jeden Preis recht behalten zu wollen – selbst und gerade dann, wenn man recht hat. (Clifford Notarius)

      4. Die Ehe ist kein Hafen, sondern ein Fluss, die Weiterentwicklung zweier unvollkommener Menschen. (Ein unbekannter Psychologe)

      5. Das Geheimnis einer glücklichen Ehe liegt darin, dass man einander verzeiht, sich gegenseitig geheiratet zu haben.

        (Sacha Guitry)

      6. Wenn eine liebenswerte Frau einen Mann geliebt hat, sollte er sie, selbst wenn er sie nicht heiraten kann oder auch nicht einmal heiraten möchte, doch wenigstens nicht vergessen. (Samuel Butler)



  1. Über deutsche Kindererziehung

August in Venedig, an einem weißgedeckten Tisch eines teuren Restaurants direkt am Canal Grande. An den Nachbartischen sitzen wohlgelaunte Menschen mit übermüdeten Kindern. Italienische Kinder versuchen, deutsche Kinder von ihren Tischen zu locken. Manchmal gelingt es, dann kommt ein scharfes: „ Erst aufessen!“ von Vater. Wie werden wir es machen? Meine Tochter sitzt mir gegenüber. Sie hat keinen Hunger, sieht missmutig auf den Teller, rumpelt hoch und will irgendetwas Interessantes tun.

Und da sagt ihr Vater, und das bin ich: „Ulla! Du weißt doch, was ich dir gesagt habe. Es heißt: Ich bin fertig. Darf ich bitte aufstehen?“ Sie antwortet nicht, schaut mir kerzengerade in die Augen und bleibt sitzen. Und ich sage nichts und dann wieder nichts und immer so weiter. So vergehen einige Minuten, und ich sage mir: Warum hast du das bloß angefangen, dieses blöde Machtspiel? Und dann höre ich mich sagen: „Sag jetzt, ich bin fertig, darf ich bitte aufstehen?“ Wieder sagt sie nichts, kommt aber dann auf eine ganz andere Idee und ruft: „Ich muss jetzt ganz dringend!“ Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist die Lösung. Und weg ist sie.

Nach ein paar Minuten ertönt ein fröhlicher Ruf vom Klo: „Papi, ich bin fertig, darf ich bitte aufstehen?“



  1. Über die Großeltern

Seltsam, diese Liebe der Großeltern zum kleinen Volk. Das Wunder des Wachsens erleben sie nun beim zweiten Mal, nach den eigenen Kindern, mit vielleicht noch größerem Staunen. Großeltern, meist nicht unmittelbar eingespannt in die tägliche Arbeit und Sorge ums Kind, haben mehr Abstand und mehr Muße dazu. Und das genießen sie, voller Stolz. (Dr. Ute Döser)



  1. Über einen angeblichen Narren

Ich glaubte zuerst, der Mann lächele mich an, bis ich bemerkte, er lächelte überhaupt nicht, es lächelte aus ihm. Ich nahm an, er holte die Kraft nur noch aus einer Welt hinter dem Verstande. Wenn er ein Narr war, dann nur in jenem höheren Sinne des Wortes, der zwischen Einfalt und Weisheit liegt und aus dessen Wurzel auch die Güte sprießt. (Ehm Welk, aus dem Roman „Der hohe Befehl“)



  1. Über die Verantwortung und die Macht

In einer Fabel suchen die Bäume nach einem König und fragen mehrere Bäume, ob sie nicht König werden wollen, und jeder Baum hat eine Ausrede, weil er sein nützliches Werk weiter tun will, weil er sich zu schade ist. Der eine will Holz geben, der andere Olivenöl und so fort. Nein, ich nicht, ich nicht! Schließlich meldet sich der Dornstrauch und sagt: „Wenn es keiner will, ich mach es.“ Er sagt ihnen aber gleich, dass er der Dornstrauch ist. Die anderen lassen ihn, den Dornstrauch, seine stacheligen Herrschaftsgelüste ausleben, lassen ihn ihren König werden. Selber schuld!

Nun, wenn der, der Öl gibt, nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, die vielleicht nicht so schön ist wie Öl machen, soll er sich nicht wundern, wenn der Dornstrauch über ihn herrscht. (beschrieben in der alttestamentlichen Jotamsfabel)



  1. Über das Unglück der Könige

Da kamen im November 1848 fünfundzwanzig Deputierte nach Potsdam, um den König ^ auf die ernste Lage des Landes aufmerksam zu machen^. Er drehte ihnen den Rücken zu, während der Präsident der preußischen Nationalversammlung in unterwürfigem Ton eine Bitte verlas. Der König hörte nicht weiter zu, sondern wollte den Raum verlassen. Da rief ihm der Abgeordnete Johann Jacoby hinterher: „Das ist das Unglück der Könige, dass sie die Wahrheit nicht hören wollen!“

Dieser Satz kam nicht in unsere Geschichtsbücher. Das ist das Unglück der Generalsekretäre, dass sie die Wahrheit nicht hören wollten! Wenn dem so ist, wird meist ein Unglück des Volkes daraus. Oder ein Glück, wenn es den Generalsekretär samt Gefolge auf solche Art los wird wie wir.

(Heinz Knobloch am 7.Januar 1990 nach der „Sanften Revolution“ in der DDR)



  1. Über den Sozialismus



Wir haben einen großen Vorteil, wenn es je im Verlauf der Entwicklung des Kapitalismus zu einem zweiten Versuch kommen sollte, menschliches Zusammenleben nach dem Grundsatz sozialer Gerechtigkeit zu gestalten: wir wissen aus Erfahrung, wie man es nicht machen sollte. Aber wie man es macht, wissen wir ebenfalls nicht.

(Stefan Heym: „Offene Worte in eigener Sache 1989-2001)











  1. Aus dem Kommunistischem Manifest von 1848 (von Karl Marx u. Friedrich Engels)

Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. An die Stelle der alten, durch Landeserzeugnisse befriedigten eigenen Bedürfnisse treten neue, welche die Produkte der entferntesten Länder und Klimate zu ihrer Befriedigung erheischen. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander.



  1. Über das kapitalistische Wirtschaftssystem (von Heiner Geissler, CDU-Politiker)

Nicht das Gespenst des Kommunismus, vielmehr die Angst geht um in Europa – gepaart mit Wut, Abscheu, und tiefem Misstrauen gegenüber den politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Eliten, die ähnlich den Verantwortlichen in der Zeit des Übergangs vom Feudalismus in die Industriegesellschaft offensichtlich unfähig sind, die unausweichliche Globalisierung der Ökonomie human zu gestalten.

Die globalisierte Ökonomie ist auch eine Welt, in der Kriminelle und Drogendealer frei und ungebunden arbeiten und Terroristen Teilhaber an einer gigantischen Finanzindustrie sind und so ihre mörderischen Anschläge finanzieren. Wo bleibt der Aufschrei der SPD, der CDU, der Kirchen gegen ein Wirtschaftssystem, in dem große Konzerne kleinere Firmen mit Inventar und Menschen aufkaufen, als wären es Sklavenschiffe aus dem 18. Jahrhundert, sie dann zum Zwecke der Marktbereinigung oder zur Steigerung der Kapitalrendite und des Börsenwertes dichtmachen und damit die wirtschaftliche Existenz von Tausenden mitsamt ihrer Familien vernichten? Den Menschen zeigt sich die hässliche Fratze eines unsittlichen und auch ökonomisch falschen Kapitalismus, wenn der Börsenwert und die Managergehälter um so höher steigen, je mehr Menschen wegrationalisiert werden.

Selbst christliche Politiker stehen unter dem Diktat einer Wirtschaftsideologie, die den Beweis des ersten Anscheins für sich hat, aber letztlich inhuman ist. Sie lassen sich vom Kapital und seinen Interessen beherrschen, anstatt sich des Kapitals zu bedienen, um eine für Menschen und Natur gerechte Ordnung zu schaffen.

Warum wird tabuisiert und totgeschwiegen, dass es eine Alternative gibt zum jetzigen Wirtschaftssystem: eine internationale sozial-ökologische Marktwirtschaft mit geordnetem Wettbewerb? Die Kommunisten wollten den Konflikt lösen, indem sie das Kapital eliminierten und die Kapitaleigner liquidierten. Bekanntlich sind sie daran gescheitert. Heute eliminiert das Kapital die Arbeit. Der Kapitalismus liegt derzeit genauso falsch wie einst der Kommunismus. Der Tanz um das Goldene Kalb ist schon einmal schief gegangen.



  1. Über den technischen Fortschritt

      1. Manchmal liest man, was alles passiert, wenn in einem Elektrizitätswerk ein Kurzschluss auftritt. Aufzüge bleiben stecken. Bankautomaten und Registrierkassen fallen aus. Kaufhaustüren lassen sich nicht mehr öffnen. Ampeln fallen aus. So lange wir nicht persönlich betroffen sind, nehmen wir solche Nachrichten gelassen hin. Erst in direkter Konfrontation mit den Tücken unseres hoch technisierten Alltags machen wir uns Gedanken darüber, wie es früher gewesen ist, als vieles, was heute per Tastendruck geht oder elektronisch gesteuert wird, noch per Hand erledigt wurde.

Da gehört die alte Schreibmaschine zu den aussterbenden Dingen, die unsere Enkel bald wie Museumsstücke betrachten werden. Der Diaprojektor ist schon vor langer Zeit in den Sperrmüll gewandert. An ein Telefon mit Wählscheibe kann man sich kaum noch erinnern. Hat man ein paar Musikkassetten oder Langspielplatten aufbewahrt, fehlt schon oft zum Abspielen das dafür funktionierende Gerät. In einer Zeit, in der fast jeder ein Handy in der Tasche hat und mehr E-Mails als Briefe geschrieben werden, denkt kaum jemand daran, dass wir über diese Errungenschaften erst seit einem guten Jahrzehnt massenweise verfügen. Die Entwicklung der Kommunikations- und Unterhaltungselektronik ist atemberaubend. Sie hat unseren Alltag rasant verändert, vielfach auch erleichtert.

Aber wir bezahlen dafür einen Preis. Eist wurden Produkte danach bewertet, wie langlebig sie sind. Heute zwingen uns viele Geräte in immer kürzeren Abständen zu weiteren Neuanschaffungen. Computerprogramme sind schnell veraltet und müssen ersetzt werden. Wer mit einer Digitalkamera fotografiert, braucht einen Rechner mit möglichst großer Speicherkapazität. Zu den Verlierern zählen nicht nur Menschen, die sich die jeweils neueste Ausstattung finanziell nicht leisten können. Benachteiligt sind auch jene, die Schöpfungen unseres High-Tech-Zeitalters weder begreifen noch sachkundig bedienen können. Das sind vor allem ältere Leute.

Gewiss gibt es auch Senioren, die fingerfertig SMS versenden. Aber viele scheitern, weil die Technik immer komplizierter wird. Und Hersteller der Multifunktionalität ihrer Geräte mehr Aufmerksamkeit widmen als deren Gebrauchsfähigkeit. Wenn zum Beispiel die Verbindung zu Bank und Behörde irgendwann nur noch „online“ möglich ist, dann droht unserer Gesellschaft eine Spaltung, die tiefer geht als die ungleiche Verteilung des materiellen Wohlstands. (Peter Pragal, April 2006)

b. In den USA werden, sagt Paul Hawken, 99 Prozent der in der Produktion verwendeten und enthaltenen Stoffe innerhalb von sechs Wochen zu Müll. Solche Bilanzen erschrecken, und es erschreckt auch die rasend kurze Umschlagszeit, in der aus Hochwertigem Abfall wird. Es wäre hoch an der Zeit, Wandel zu schaffen, denn die Erde kann ohne uns leben, wir aber nicht ohne sie. (Ernst Ulrich v. Weizsäcker)

    Hierzu ergänzend eine Bildunterschrift in der Zeitschrift „Stern“ (Nr. 51/2005):

    In einer Werkshalle in Guiyu (China) schmelzen Arbeiter Elektronikschrott ein, um wertvolle Metalle zu gewinnen. Dämpfe und Schlacken sind hoch toxisch. Die Altgeräte kommen aus Europa und Amerika.

    c. Wieviel Verschmutzung (der Atmosphäre) dürfen wir uns noch leisten?

    Zwei Grad Temperaturanstieg entsprechen 450 ppm (Maß für die Verunreinigung) Kohlendioxid in der Atmosphäre, wir sind jetzt bei 380 ppm. Wir müssten den Umschwung, die dritte industrielle Revolution, bis Mitte des Jahrhunderts schaffen oder zumindest in Gang setzen. Das bedeutet, bis Ende des Jahrhunderts auf null Emissionen in der Enegiewirtschaft und im Verkehr zu kommen. Wir betreiben dann unsere Autos nur mit Wasserstoff oder Biokraftstoff aus regenerativen Rohstoffen. Bei Kraftwerken kann in einer Übergangsphase Kohlendioxid verflüssigt und in der Erde gelagert werden. Solartechnik wird sicherlich langfristig die Standardtechnologie werden. (Aus einem Interview mit einem Umweltexperten, Sept.2006)



  1. Über die Menschen auf der Erde

    Wenn man die momentane Weltbevölkerung von etwa 6,2 Milliarden Menschen auf eine 100 Seelen zählendes Dorf reduzieren könnte und dabei die Proportionen aller auf der Erde lebenden Völker beibehalten würde, wäre dieses Dorf folgendermaßen zusammengesetzt:

    62 Asiaten (einschließlich Ozeanier u. Australier), 12 Europäer, 13 Amerikaner (Nord-, Zentral- und Südamerika),13 Afrikaner. Es gäbe: 52 Frauen und 48 Männer, 30 Weiße und 70 nicht Weiße, 30 Christen und 70 Nichtchristen, 89 Heterosexuelle und

    11 Homosexuelle. Sechs Personen besäßen 59 Prozent des gesamten Reichtums, und alle sechs kämen aus den USA.

    80 lebten in maroden Häusern, 70 wären Analphabeten, 50 würden an Unterernährung leiden, einer wäre dabei zu sterben und einer geboren zu werden, einer besäße einen Computer, einer – ja nur einer hätte einen Universitätsabschluss.

    Wenn man die Welt auf diese Weise betrachtet, wird das Bedürfnis nach Akzeptanz und Verständnis offensichtlich, und wir sollten zum Nachdenken angeregt werden.

    (Gedanken zum Sonntag von Patricia Keim, Dekanat Coburg, Februar 2006)

  2. Über die Sprache

    Es ist natürlich wichtig, dass es sich bei der Sprache um ein gesellschaftliches Phänomen handelt. Man erschafft sie sich nicht selbst für seine eigenen Zwecke. Wenn wir als Kind eine Sprache erlernen, so werden wir an ein bereits bestehendes System angeschlossen, innerhalb dessen Millionen von Menschen schon seit Jahrhunderten die gleichen Wörter verwandten, um sich miteinander zu verständigen. Wir sind kleine, endliche Geschöpfe, doch Bedeutung ermöglicht es uns, mit der Hilfe von Lauten oder von Zeichen auf dem Papier die ganze Welt und viele der Dinge in ihr zu erfassen, ja uns sogar Dinge auszudenken, die es nicht gibt und vielleicht niemals geben wird. (Thomas Nagel, Philosoph, geb. 1937)



  1. Über die Unvergänglichkeit

    Manchmal trifft das Los der Unverweslichkeit sogar Schwerenöter wie den Ritter Christian Friedrich von Kahlbutz. Seit fast

    300 Jahren liegt sein Körper in der Dorfkirche von Kampehl im westlichen Brandenburg. Jedes Jahr besichtigen bis zu

    100 000 Neugierige den wenige Quadratmeter großen Gruftanbau. 1690 soll der „Kahlbutz“, wie er im Volksmund genannt wird, einen Schäfer erschlagen haben, dessen schöne Braut ihm das Feudalrecht der „ersten Nacht“ verweigert hatte. Da es keine Zeugen und keine Beweise für die Tat gab, konnte sich der Ritter durch einen so genannten Reinigungseid vor Gericht freisprechen: Wenn er der Mörder sei, dann „wolle Gott, dass mein Körper nie verwese“. Als seine Gebeine 92 Jahre nach seinem Tode von der Familiengruft im Schloss zum Friedhof bei der Kampehler Kirche gebracht werden sollten, wurde der Sarg geöffnet – und die gut konservierte Mumie des Ritters entdeckt.

    (PM-Magazin, November 2001)



  1. In jenen Tagen – Erinnerungen an die Jugend und die alte Heimat

-- Unverändert waren Front und Giebel des Hauses geblieben, und nun ich es mit aller Liebe umfasste, fühlte ich beglückt, wie zum ersten Male ein Stück meiner Heimat meinen Blick erwiderte.

-- Mit einem Male war die Heimat da, saß mit am Tisch, baute aus dem „Weißt du noch?“ und den Berichten über Leben und Sterben der Bekannten und den Veränderungen das Land meiner Kindheit auf.

--Und dennoch bedrängte mich ein seltsam wehmütiges Gefühl, so fremd in der Heimat zu sein.

-- In schönen Novellen erzählen die Dichter gern von Menschen, die in der Jugend heiß sich liebten und im Alter versuchten, das unverändert bewahrte Bild mit der neuen Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen – ein Unterfangen, das stets mit einer wehmütigen Enttäuschung endete.

( aus dem Erzählbuch „Mein Land das ferne leuchtet“ von Ehm Welk)



  1. Vom Nationalstolz (aus dem gleichnamigen Buch des Schweizers J.G. Zimmermann, 1760 erschienen)

Hierin wird von einer Gegend in Indien erzählt, in welcher alle Menschen einen Buckel haben. In diese Gegend verirrte sich einst ein schöner, geradegewachsener, wohlgebauter Jüngling, der von allen angestaunt, belacht und grausam ausgeschimpft wurde: wegen seiner Verunstaltung. Da trat ein Weiser unter den Buckligen auf und sagte: „Meine Freunde, ihr Glücklichen: wie könnt ihr so unedel sein und einen unglücklichen und verunstalteten Menschen noch auslachen! Gebt dem Armen ein Almosen und lasst ihn gehen. Wir aber wollen zum Tempel ziehen und dem Unsterblichen danken, dass er uns so schön geschaffen hat und unsern Rücken so verzierte!“

Also taten sie.



  1. Über die kleinen Freuden

    a)--Im Alltag konzentrieren wir uns häufig zu sehr auf das Unangenehme im Vordergrund, um die kleinen Freuden im Hintergrund zu beachten. Der Sohn, der uns aus dem Schlafzimmer „Gute Nacht!“ zuruft. Die Schneeglöckchen, die sich durch die Wintererde bohren. Das Baby, das uns anlächelt. Wir sollten unseren Blick für diese unscheinbaren Momente schärfen.

(Alice Steinbach, amerik. Schriftstellerin)



b)--Ein Mann, der gerade gestorben war, kam zur Himmelstür. Petrus befragte ihn: „Hast du eine Frau geliebt?“

„Nein“, erwiderte der Mann. „Keine einzige.“

„Hattest du einen Freund?“ „Nein. Es gab niemanden.“

„Gab es ein Kind, für das du liebevolle Gefühle gehegt hast?“ „Nein.“

„Vielleicht hast du ein Haustier in dein Herz geschlossen? Hast du die Natur geliebt?“ „Nein.“

„Warum kommst du dann so spät?“, fragte Petrus mit finsterem Blick. „Du bist schon seit vielen Jahren tot.“

(Armando Fuentes Aguirre, Mexiko)



  1. Über das Singen

Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass es eine Art von Musik gibt, die dem Wohlbefinden mehr nützt als das bloße Zuhören: das Selbersingen. Singen ist Balsam für die Seele, Singen stärkt die Sebstheilungskräfte. (Kerstin Metze)



  1. Über musikalische Genialität

    Der blutjunge Mozart ist imstande gewesen, die strikt geheim gehaltene zwölfminütige „Miserere“ - Komposition, die nur in der Sixtinischen Kapelle aufgeführt werden durfte, nach einmaligem Hören aus dem Gedächtnis niederzuschreiben. Er löste dieses Rätsel so nebenher. (Aus der Zeitschrift „Stern“ Nr. 5/2006)



  1. Der Herbst und das Gold

a) Zwei Landstreicher ruhen sich unter einem riesigen Baum im Wald aus. Der Anblick der goldenen Blätter bringt einen von ihnen ins Schwärmen. „Stell dir vor, Franz, alle diese Blätter wären wirklich aus Gold. Und der Stamm auch. Und alles würde mir gehören….“ „Mhm“ meint Franz zustimmend. „Schön wäre es. Und würdest du mir dann tausend Mark schenken?“

„Klar schenke ich dir einen Tausender, du bist mein Freund.“

„Und würdest du mir auch zehntausend Mark schenken?“

„Na – du bist mein alter guter Freund. Ich schenke dir die Zehntausend.“

„Wie wäre es aber mit Hunderttausend? Würdest du mir hunderttausend Mark schenken?“

Das verdrießt den Hans. „Schau mal“, sagt er, „wie viele Bäume es hier rundherum gibt! Such dir doch einen aus und träume selbst!“

(Gabriel Laub, geb. 1928)

b) Wer möchte drum zu mir reden von Blätterfall und vom weißen Tod, angesichts dieses Baumes, wer mich hindern, ihn mit Augen zu halten und zu glauben, dass er mir immer leuchten wird wie in dieser Stunde und dass das Gesetz der Welt nicht auf ihm liegt? (Ingeborg Bachmann, 1926-1973)



  1. Weisheiten des Peter Ustinov (1921-2004)

      1. Wenn nebenan ein Baby schreit, hören wir seiner Stimme unmöglich an, welche Rasse oder Hautfarbe es hat. Das Rohmaterial ist immer das gleiche, bis die traditionellen Vorurteile nach und nach die ursprünglichen Gefühle unterhöhlen und eine bestimmte geschichtliche Sichtweise uralte Feindschaften wieder aufleben lässt.

      2. Terror ist der Krieg der Armen, Krieg ist der Terror der Reichen.

      3. Ich bin sehr glücklich – weil ich oft im Leben die Möglichkeit zum Unglücksichsein hatte und sie einfach nicht angenommen habe.

      4. 30.4. Ein Optimist ist jemand, der genau weiß, wie traurig die Welt sein kann, während ein Pessimist täglich neu zu dieser Erkenntnis gelangt.

      5. Man kann endlos über eine Sache sprechen und immer ein bisschen Recht haben und immer ein bisschen Unrecht.

      6. Wenn jemand brüllt, sind seine Worte nicht mehr wichtig.

      7. Ich war immer in das Lachen verliebt. Der Klang des Lachens scheint mir stets die zivilisiertest Musik der Welt zu sein.



  1. Das Sternzeichen Waage

Die Waage meidet Zank und Streit,/ schätzt Wahrheit und Gerechtigkeit,/ humorvoll, freundlich, stets ausgleichend,/ und so ihr Lebensziel erreichend./ (Oskar Stock).

Es gibt wohl kaum jemandem, der mit einem Waage-Geborenen nicht hervorragend auskommt. Streit und leidenschaftliche Auseinandersetzungen wird es kaum geben. Für Waagen zählen Ausgleich und Harmonie. Mitunter suchen sie jedoch zu lange nach der Lösung für ein Problem. Diesen Fehler werden sie jederzeit zugeben – wenn auch die andere Seite bereit ist, zu ihren weniger günstigen

Eigenschaften zu stehen.

Weil ich diese Eigenschaften auf mich bezog, war ich fast schon vom astrologischen Zusammenhang überzeugt. Doch dann las ich einen Artikel in der christlichen Zeitschrift „Neues Leben“ (Nr.5/2006) und musste darin meine grundsätzlichen Zweifel bestätigt sehen:

„Seit Jahrtausenden propagieren Astrologen einen Zusammenhang zwischen den Charaktereigenschaften und dem Sternbild eines Menschen. Doch die Wissenschaft lieferte kürzlich einmal mehr den Gegenbeweis: an Horoskopen ist nichts dran. Ein dänisch-deutsches Forscherteam untersuchte im Rahmen einer groß angelegten Studie die Persönlichkeitsmerkmale von mehreren tausend Personen im Hinblick auf ihr Geburtsdatum. Ergebnis: Zwischen dem Geburtszeitpunkt eines Menschen und seinem Charakter gibt es keinen nachweisbaren Zusammenhang. Nach dem in der Fachzeitschrift „Personality and Individual Difference“ veröffentlichten Ergebnis existiert weder ein direkter Zusammenhang zwischen dem Tierkreiszeichen eines Menschen und seiner Persönlichkeit noch hinsichtlich seiner Intelligenz oder sonstiger Eigenschaften.“

  1. Über die Religion

    a)Wenn man im Morgenland geboren ist, glaubt man als treuer Muselmann, dass Allah der alleinige Gott ist. Zweifel an der christlichen Religion kommen auf, wenn man deren Deutung über die Entstehung des Islam hört: Das hitzeflirrende Licht der Wüste, das die Fata Morgana hervorbringt, hatte dem Propheten Mohammed zu seinen Erscheinungen verholfen. Auch den Entschluss, in die Wüste zu gehen entbehrt alles Mystischen. Wie nun, wenn aber das Christentum nicht viel anders entstanden ist? Auch das Christentum kommt aus dem Morgenland und ist voller Mystik. Die Mohammedaner können es ebenso gut als eine Fiktion ansehen. Wer hat also recht? Auf welcher Seite ist die Wahrheit? Um diese Fragen haben die Völker große Kriege geführt, ohne sie damit entscheiden zu können.(Aus dem Roman „Insel ohne Leuchtfeuer“ von Ruth Kraft, 1958)

    b) Unsere Religion hält uns ein Ideal vor, das wir alle von Herzen bejahen. Sie berichtet uns jedoch auch von Wundern, die wir aber zumeist ablehnen. Unsere besten Lehrer halten an dem Ideal fest, und sprechen nicht weiter von den Wundern. Wenn sie sagen könnten, dass unsere Zeit darüber hinausgewachsen ist, würden sie es tun; aber das dürfen sie nicht; ; trotzdem bringen sie es irgendwie fertig, ihre wahre Meinung durchscheinen zu lassen. (Aus dem Roman „Erewhon“ von Samuel Butler)

    c)Ein Weiser aus dem Osten hat mal gesagt: „Meine Religion besteht darin, mich auf meinem Totenbett nicht schämen zu müssen.“ Wer das Leben aus dieser Perspektive betrachtet, bekommt zu vielen Dingen eine wesentlich andere Einstellung.

  2. Über Gott und die Natur

    Gott ist, was wir in ihm sehen“ (Stefan Heym in „Kreuzfahrer von heute“), oder auch „Man muss als Christ leben, als ob es Gott nicht gäbe“ (Dietrich Bonhoeffer, 1944 ermordet)

    In seinem Roman „Merkwürdige Reisen ins Land Erewhon“ lässt der Schriftsteller Samuel Butler (1835-1902) seinen Helden einen langen Disput über seinen Begriff von Gott führen: „Was könnte ich erwidern, wenn man mir entgegenhielte, dass mein Gott nichts weiter sei als der Ausdruck des menschlichen Begriffs höchster Güte, Weisheit und Macht, dass der Mensch dem Gestalt gegeben habe, um eine lebendige Vorstellung von einer so großen und herrlichen Idee zu gewinnen; dass es eine unwürdige Vorstellung von der Gottheit sei, wenn man sie persönlich auffasse, denn so wäre sie ja auch an die menschlichen Zufälligkeiten gebunden; dass die Menschen ihre Verehrung nur auf das Göttliche richten sollten, ganz gleich, in welcher Form es ihnen entgegentrete; dass „Gott“ nur ein Ausdruck des Menschen für sein Erfassen des Göttlichen sei; dass so, wie Gerechtigkeit, Hoffnung, Weisheit und so weiter insgesamt die Güte ausmachten, Gott nur jener Begriff sei, der jegliche Güte und alle Mächte des Guten umschließe.

    Ich habe viele sehr gottesfürchtige Menschen getroffen, die über ein großes Wissen in der Gottesgelehrtheit verfügten, aber kein Gefühl für das Göttliche hatten, dagegen habe ich gesehen, wie bei jenen Menschen, die das Göttliche in der Natur verehrten, auf dem Feld, in der Wolke oder auf dem Meer, in Mann, Frau oder Kind, ein Leuchten das Antlitz verklärte, wenn jemand über das Wesen und die Eigenschaften Gottes sprach.“

    Hier klingt bereits die All-Gott-Lehre durch, als so genannter Pantheismus bezeichnet. Er vertritt die Auffassung, dass Gott und die Natur gleichzusetzen sind, indem das Enthaltensein Gottes in der Welt behauptet und seine Eigenständigkeit und Personifikation bestritten wird.

Nach dem niederländischen Philosophen Benedikt Spinoza (1632-77) bedarf die Natur keines besonderen Schöpfers, sondern sie sei Ursache ihrer selbst, sie sei in diesem Sinne „Gott“. (Ausführliches über Pantheismus als Anlage)

Auch die französische Schriftstellerin George Sand (1804-1876) drückte ihre hohe Meinung über die Natur in dem bemerkenswerten Satz aus: „Was Zeit und Menschen zerstören, entsteht in neuen Formen wieder, und die Fee, die allem einen neuen Anfang gibt, ist die Natur.“



Eine wahre Hymne an die Natur las ich in einem Beitrag von Marianne Oertl in der Zeitschrift „PM“ (Mai 2006):

„ Der gelbrotweiße Blütenteppich einer Maiwiese, die nektarsammelnden summenden Insekten oder der betörende Gesang einer Nachtigall rufen in uns regelrechte Glücksgefühle hervor. Wie wunderbar ist die Natur eingerichtet, wie genau passt alles ineinander, und wie schön ist das Ganze! Noch größer wird unser Staunen und unsere Bewunderung, wenn wir uns im Detail mit den Erscheinungen der Natur befassen. Der Sturzflug eines Falken, das Orientierungsvermögen der Fledermäuse, die Umwandlung von Sonnenlicht in Zucker, der Blutkreislauf, das Immunsystem, das genial einfache Alphabet unserer Genbausteine oder gar das menschliche Gehirn – kann all dies wirklich noch das Produkt natürlicher evolutiver Vorgänge sein? Jahrhundertelang war es Tradition und entspricht unserem Bedürfnis nach Kausalität, hinter diesen Wundern einen Gott bzw. einen „intelligenten Schöpfer“ zu vermuten. Nun machen die Erkenntnisse der Evolutionsforschung einen Schöpfergott unnötig.“



Dazu John Eccles (1903-1997) über die erstaunlichen Seiten der Evolution: „Wenn wir den ganzen evolutionären Prozess vom Urknall an betrachten.-.die Evolution des Kosmos und die Evolution des biologischen Lebens.-., habe ich das Gefühl, alles ergibt einen Sinn. Es ist, als sei ein Vorsatz in alldem mit einer Art vorsätzlichem Ziel im gesamten kreativen Prozess. Und dies führt zu der unglaublichen Schöpfung jedes Einzelnen von uns als menschliches Individuum einschließlich unserer ganzen biologischen Seiten.“

„Je näher wir der Natur sind, desto näher fühlen wir uns der Gottheit.“ (Matthias Claudius)

Von Eugen Roth in seiner Art humoristisch ausgedrückt: „Natur vollbringt oft wunderbar, was eigentlich nicht möglich war.“

    Oder von Lion Feuchtwanger in seinem Roman „Die Jüdin von Toledo“: „Gott ist die Summe aller Zufälle“.

  1. Über die Geheimnisse des Universums

      1. Wer in dunkler, wolkenloser Nacht das Schauspiel der funkelnden Himmelslichter auf sich wirken lässt, ist ergriffen von der majestätischen Kulisse. Und manch einer schaudert angesichts der eigenen Nichtigkeit. Ahnt, dass er eingebunden ist in etwas Gigantisches, in einen unfassbaren Kosmos, eine geheimnisvolle Ordnung.

        Der Raum zwischen den Sternen ist unvorstellbar riesig. Die Distanzen im All sind so enorm, dass Astronomen sie in Lichtjahren messen. Ein Lichtjahr ist die Entfernung, die ein Lichtstrahl in einem Jahr zurücklegt: 9,46 Billionen Kilometer.

         Der Abstand zwischen Sonne und Erde beträgt nur einen winzigen Bruchteil davon, hierfür braucht das Licht lediglich acht Minuten. Der Abstand zwischen unserer Sonne und dem nächsten Stern, Proxima Centauri, beträgt 4,3 Lichtjahre. Und das ist nur ein Katzensprung verglichen mit den Strecken zu anderen Sonnen. Zu Antares etwa sind es 500 Lichtjahre. Und das Leuchten, das heute vom Polarstern die Erde erreicht, wurde abgestrahlt, als man in Europa gerade das Schwarzpulver erfunden hatte - vor 680 Jahren.

        Mit einer unvorstellbaren Detonation, dem Urknall, fing alles an, so die Theorie der Astrophysiker.

Vor etwa13,5 Milliarden Jahren. Zuvor gab es nur Strahlung und eine bis heute nicht identifizierte Urmaterie - bei unvorstellbar hoher Temperatur und großer Dichte konzentriert in einem winzigen Punkt. Dann explodierte die Blase, Raum und Zeit entstanden.

Angesichts solch gewaltiger Kräfte und Dimensionen erreicht die menschliche Vorstellungskraft ihre Grenzen. Ob Laie oder Forscher - des Menschen Erkenntnisdrang ist so groß, weil er Antworten auf die letzten Fragen sucht.

Vor allem will er Klarheit über die eigene Existenz. Seit fast 500 Jahren weiß er: Er ist nicht das Zentrum der Welt. Nur ein Wesen auf einem kleinen Planeten namens Erde. Natürlich hat das Universum Einfluss auf das Geschick der Erde. "Durch einen Stern namens Sonne und seine Wärme ist Leben auf dem Planet Erde überhaupt erst möglich geworden. Und nur dank der Sterne, der Brutstätten für alles, gibt es die Materie, aus der wir bestehen. Wir sind nichts als Sternenstaub. Das ist doch Fantastisch!" (Aus der Zeitschrift "Stern" 2004)

b. Unsere Biosphäre macht aufgrund ihrer Masse, Energie oder ähnlicher Maße nur einen vernachlässigbaren Bruchteil der Erde aus, die selbst ein vernachlässigbarer Bruchteil des Sonnensystems ist. Astrophysiker sagen manchmal, das Sonnensystem bestehe *aus Sonne und Jupiter – und kleinen Unreinheiten*. Die Sonne wiederum ist nur ein kleiner Stern am Rand eines Spiralnebels mit hundert Milliarden Sternen, die wir Milchstraße nennen, und diese unsere Galaxis ist unter den hundert Milliarden Galaxien im bekannten Universum völlig unauffällig und nur eine von vielen. Seit sich der religiöse Glaube als mit der Vernunft unvereinbar erwies, sehnen sich viele Menschen nach einer letzten Begründung der Dinge, an die sie glauben könnten. (David Deutsch, Physiker, geb. 1953)

  1. Warum erscheint der Mond am Horizont so groß?

Bei diesem Phänomen handelt es sich um eine Täuschung unseres Wahrnehmungsvermögens. Wer einen Sonnenunter- oder Mondaufgang fotografiert, ist immer enttäuscht: Auf dem Foto sehen Sonne oder Mond ganz klein aus. Die Kamera läßt sich nicht täuschen – wir schon. Unser Wahrnehmungsraum ist nicht kugelförmig nach allen Seiten gleich ausgerichtet, sondern abgeplattet. In der Menschheitsentwicklung ist alles, was sich in der horizontalen Ebene abspielt, überlebenswichtig. Aus diesem Grund erscheint alles größer und deutlicher, was in unserer horizontalen Blickrichtung liegt.

  1. Über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

    Mit den Augen des englischen Pfarrerssohnes Samuel Butler blicken wir auf Utopia, das Land Erewhon, das er in seinem Roman „Merkwürdige Reisen ins Land Erewhon“ so trefflich beschreibt. Er schildert die Ansichten der Erewhonier mit ihren seltsamen und hintergründigen Lebensauffassungen:

    a) „Dann wieder sagen sie, Zukunft und Vergangenheit seien wie ein Bilderstreifen auf zwei Rollen. Was auf der Rolle der Zukunft liegt, wickelt sich auf die Rolle der Vergangenheit ab. Wir können es nicht beschleunigen, und wir können es auch nicht zum Stehen bringen; wir müssen alles sehen, was vor uns abrollt, ob es nun gut ist oder schlecht; und was wir einmal gesehen haben, können wir nie wieder sehen. Stets wickelt es sich ab und gleichzeitig auf. Im Vorübergleiten erhaschen wir es für einen Augenblick und nennen es Gegenwart. Unsere erregten Sinne empfangen soviel Eindrücke wie möglich, und wir schließen aus der Art dessen, was wir gesehen haben, auf das, was noch kommt. Ist das Geschehen abgelaufen, so glauben wir, es gut zu kennen, obwohl zu viel zu sehen war und wir zu wenig Zeit zum Sehen hatten, so dass die Kenntnis, die wir von der Vergangenheit zu haben glauben, meist nur auf schwachen Füßen steht.

    Manchmal erzählen sie auch, dass sich einst ein Menschengeschlecht auf Erden bewähren sollte, das die Zukunft besser als die Vergangenheit kannte, dass es aber binnen Jahresfrist an dem Elend zugrunde ging, das sein Wissen ihm brachte.

    Du magst vielleicht siebzig oder achtzig Jahre leben, aber was bedeutet das im Vergleich zu der Ewigkeit? Und selbst wenn du ewig leben dürftest, würdest du schließlich des Lebens so überdrüssig werden, das der Tod die größte Wohltat für dich wäre.“

    b) „Ich erzählte ihnen von jener herrlichen Zeile aus dem Homer, in der es heißt, der Mensch solle immer danach trachten, der erste zu sein und die anderen in jeder Hinsicht zu übertreffen; aber sie meinten, es sei kein Wunder, dass Länder, in denen ein so abscheulicher Grundsatz Bewunderung finde, sich ständig gegenseitig an die Kehle sprängen. „Warum“, fragte einer der Professoren, „soll der Mensch das Verlangen haben, besser zu sein als seine Nächsten? Er soll lieber dankbar sein, wenn er nicht schlechter ist.“