V. Von der Zeit, vom Altwerden und vom Sterben



  1. Die unheimlichste Erscheinung des Lebens ist die Zeit: Undefinierbar, unerkennbar, unermessbar. Eines Tages kommt man dahinter, dass sie nicht einmal existent ist. (Frank Thieß)

  2. Die Zeit vergeht, immer schneller werden ihre eiligen, kleinen Schritte. Wie goldene Stäubchen im roten Strahl der Sonne, so flimmern in der Zeit die Menschen auf und verschwinden wieder. (Maxim Gorki, 1868-1936)

  3. Aber alles Leben ist nur für eine Spanne Zeit. (Theodor Storm in der Novelle „Pole Poppenspäler“)



  1. Im Alltag wird die Zeit ebenso bereitwillig akzeptiert wie ignoriert: Sie vergeht und kommt nie wieder, heilt alle Wunden und verwischt am Ende jede Spur. Die kleine, erfahrbare Gegenwart, die sich inmitten der unwiederbringlichen Vergangenheit und der unvorhersehbaren Zukunft behauptet, ist gewissermaßen nur der harmonische Ausgleich zwischen zwei Extremen – der Zeiger auf seinem Kreislauf zwischen Zwölf und Zwölf.

  2. Die Zeit ist der Stoff, woraus das Leben gemacht ist, und in keinem Kaufladen finden wir neuen. (Karl Julius Weber – 1767-1832)

  3. Die Zeit ist der Natur Art, Kredit zu geben. (Abgewandelter Spruch, gelesen auf einem Zettel an der Woltersdorfer Kirche)

  4. Wenn ihr nur endlich erkennen und sehen würdet, dass „die Zeit drängt“, wie würde das das Eis brechen! Ihr würdet unverzüglich Dinge machen, die zu tun ihr vielleicht keine zweite Möglichkeit haben werdet. (Phillips Brooks)

  5. Das Leben läuft sowieso so maßlos schnell, als dass man ständig an das Alter erinnert werden möchte. Ich zähle nicht, ich blicke lieber in die Zukunft. (Michel Piccoli)

  6. Es gibt Menschen, die das gegenwärtige Leben nicht leben, sondern sich vorbereiten und mit allem Eifer rüsten, als ob sie ein zweites Leben leben sollten, nicht aber das jetzige. Unterdessen geht ihnen die Zeit verloren, die sie sonst zum Leben hätten.

  7. Vergangenheit ist Geschichte, Zukunft ist Geheimnis – und jeder Augenblick ein Geschenk. (Ina Deter, dt. Liedermacherin)

  8. Wir leben unsere kurze Zeit, die ruhelos vergeht; denn morgen ist Vergangenheit, was heut noch vor uns steht.



  1. Ich halte Rast auf meiner Fahrt/ und schaudre, dass ich älter ward.

    Ich dachte, dass auf Erden/ nur andre immer älter werden.

    Die Zeit vertost, die Ahnung spricht:/ So stirbst du einst – und glaubst es nicht. (Alfred Kerr, 1867-1948)

  2. Alles hat seine Zeit:

    sich begegnen und verstehen,

    sich halten und lieben,

    sich loslassen und erinnern.

  3. Welch kleines Teilchen der unendlichen und unermesslichen Zeit ist jedem von uns zugemessen und wie plötzlich wird es wieder von der Ewigkeit verschlungen! Dies alles bedenke und halte dann nichts für groß als das: zu tun, wie deine Natur dich leitet.

(Marc Aurel, 121-180 – römischer Kaiser)



  1. Pflanz einen Baum/ und kannst du auch nicht ahnen,/

wer einst in seinem Schatten tanzt,/

bedenke, Mensch,/ es haben deine Ahnen,

eh´ sie dich kannten,/ auch für dich gepflanzt. (Max Brewer)



  1. Zeit zum Leben

Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben,

Ich wünsche dir nur, was die meisten nicht haben :

Ich wünsche dir Zeit, dich zu freu´n und zu lachen,

und wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen.



Ich wünsche dir Zeit für dein Tun und dein Denken,

nicht für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.

Ich wünsche dir Zeit – nicht zum Hasten und Rennen,

sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.



Ich wünsche dir Zeit – nicht nur so zum Vertreiben.

Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben

als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertrau´n,

anstatt nach der Zeit auf der Uhr nur zu schau´n.



Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen zu greifen,

und Zeit, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.

Ich wünsche dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben.

Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.



Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden,

jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden.

Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben.

Ich wünsche dir : Zeit zu haben zum Leben !

(Elli Michler)



  1. Jung sein!

Die Jugend kennzeichnet nicht einen Lebensabschnitt,

sondern eine Geisteshaltung; sie ist Ausdruck des Willens,

der Vorstellungskraft und der Gefühlsintensität.

Sie bedeutet Sieg des Mutes über die Mutlosigkeit,

Sieg der Abenteuerlust über den Hang zur Bequemlichkeit.



Man wird nicht alt, weil man eine gewisse Anzahl Jahre

gelebt hat: Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt.

Die Jahre zeichnen zwar die Haut - Ideale aufgeben aber

zeichnen die Seele. Vorurteile, Zweifel, Befürchtungen und

Hoffnungslosigkeit sind Feinde, die uns nach und nach zur Erde

niederdrücken und uns vor dem Tod zu Staub werden lassen.



Jung ist, wer noch staunen und sich begeistern kann.

Wer noch wie ein unersättliches Kind fragt: Und dann?

Wer die Ereignisse herausfordert und sich freut am Spiel des Lebens.

Ihr seid so jung wie euer Glaube. So alt wie eure Zweifel.

So jung wie euer Selbstvertrauen. So jung wie eure Hoffnung.

So alt wie eure Niedergeschlagenheit.



Ihr werdet jung bleiben, solange ihr aufnahmebereit

bleibt: Empfänglich fürs Schöne, Gute und Große; empfänglich

für die Botschaften der Natur, der Mitmenschen, des Unfaßlichen.

Sollte eines Tages euer Herz geätzt werden von Pessimismus,

zernagt von Zynismus, dann möge Gott Erbarmen haben

mit eurer Seele - der Seele eines Greises.

    (aus Hardys Zitatenschatz)

  1. Heute sehe ich eine Blume anders. Und der Sternenhimmel bedeutet mir mehr als früher. Das alles wird zu einer Bereicherung in meinem Leben. Ein Reichtum, der dem Alter vorbehalten ist. (Heinz Rühmann)

  2. Ich denke immer positiv, obwohl das eine Gelassenheit ist, die wohl auch mit dem Älterwerden einhergeht. (James Last)

  3. Erinnern ist ganz schön, aber nicht genug. Wenn man sich nur noch erinnert, geht das Altwerden los. (Herbert Otto)

  4. Kluge Menschen verstehen es, den Abschied von der Jugend auf mehrere Jahrzehnte zu verteilen. (Francoise Rosay, 1891-1974)

  5. Wirklich alt ist man erst dann, wenn einem die Vergangenheit mehr Freude macht als die Zukunft. (John Knittel)

  6. Warum das Vergangene uns so lieblich dünkt? Aus demselben Grunde, warum eine Graswiese mit Blumen aus der Entfernung ein Blumenbeet scheint. (Grillparzer)

  7. Unserer beider Rutschbahn ins Nichts endend, die wir noch hinunterzuschlittern haben, ist ungefähr gleich lang. Wenn wir schon beide ältere Herren geworden sind, eine Tatsache, die ich nie ins Auge gefasst habe, so weiß ich nicht, ob wir einander kondolieren oder gratulieren sollen. (Brief Friedrich Dürrenmatt an seinen Freund Max Frisch)

  8. Am Nachmittag dieses sonnigen Junitages gingen wir alle in die Pfeifenkraut-Laube und hörten die Stunde 3 vom Kirchturm schlagen. Sonst war alles totenstill, und die meinem Vater beschiedenen 45 Jahre waren um.

( Aus Ernst Barlachs Aufzeichnungen „Ein selbsterzähltes Leben“ zum Tod seines Vaters 1884)

  1. Wie alt man gerade geworden ist, sieht man an den Gesichtern derer, die man jung gekannt hat. (Heinrich Böll)

  2. Das kleine Mädchen kam aus dem Nachbarhaus, wo seine Freundin gestorben war. Ihr Vater fragte: „Warum warst du denn drüben?“ „Um die Mutter zu trösten“, erwiderte das Kind. „Und wie hast du sie trösten können?“ „Ich bin auf ihren Schoß geklettert und hab´ mit ihr geweint.“

  3. Ich muss mich jeden Morgen mit der Tatsache auseinandersetzen, dass ich uralt bin. Dass ich das an allen Ecken und Enden spüre, nicht. Das ist kein erfreulicher Zustand. But make the best of it, man muss das Beste daraus zu machen suchen. Es ist doch immer besser als tot, nicht? (Stefan Heym, geb.1913)

  4. Ich glaube, ich werde niemals in Gefahr kommen, mein Leben beenden zu wollen. Es ist mir zu kostbar, ich weiß von seiner Eigenschaft, nicht umkehrbar zu sein. – Wir lebten manchmal so, als ob wir unermesslich viel Zeit hätten. Jetzt lebe ich viel intensiver und dankbarer, seitdem ich weiß, dass ich vielleicht bald sterben könnte, dass Leben gar nicht so selbstverständlich ist und jederzeit abrufbar. Daran denken nur wenige Menschen. – Ich weiß jetzt, wie schnell einer von uns adieu sagen kann- und weg ist er! (Maxie Wander „Tagebücher“)

  5. Es macht keinen Sinn sich vom Krebs so einnehmen zu lassen, dass der Krebs das bestimmende im Leben ist. Und das Leben unter Umständen so zu verändern, dass es gar nicht mehr mein Leben ist. Weitermachen, solange man eben kann, das ist meine Devise. Es kommt schließlich nicht darauf an, dass man lange lebt, sondern dass man ein erfülltes Leben hat. (Regine Hildebrandt, 1941 – 2001)

  6. Alle, die eine schwere Krankheit überlebt haben, werden das Gleiche sagen : Jede Stunde, jeder Tag ist ein Geschenk. Und wer so denkt, geht anders auf seine Mitmenschen zu. Er versteht deren Ängste und Sorgen; er streitet sich nicht mehr mit ihnen, sondern er diskutiert. Geld wird den Überlebenden zur Nebensache, das Leben auskosten dagegen immer wichtiger. (Morris West)

  7. Bleibt nur übrig, in den Tag zu leben – der immer hell genug ist, solange das Herz schlägt. (Heinrich Mann – Die Vollendung des Königs Henri Quatre)

  8. So wie ein gut verbrachter Tag einen guten Schlaf bringt, so bringt ein gut verbrachtes Leben einen guten Tod.

(Leonardo da Vinci, 1452 – 1519 )



  1. Das Leben ist eine Abfolge von Abschieden vom Leben. Die Kindheit geht zu Ende, irgendwann dann die Fähigkeit, selbst Kinder in die Welt zu setzen, das Arbeitsleben findet seinen Abschluss, der Körper altert. Dieses allmähliche Sterben ist aber auch mit Erkenntnis verbunden. Wer mit dem Sterben konfrontiert wird, hört auf, sich selbst zu belügen. Leben wird neu überdacht. (Konrad Potthoff)

  1. Der Tod ist etwas so alltägliches und Natürliches, dass es Zeit wird, sich an ihn zu gewöhnen und nur noch an ihn zu denken, damit er uns nach einem guten Leben trifft. (Leo Tolstoi)

  2. Als du auf die Welt kamst, weintest du; und um dich herum freuten sich alle. Lebe so, wenn du die Welt verlässt, dass alle weinen und du allein lächelst!

  3. Das einzig Wichtige im Leben sind Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen. (Albert Schweitzer)

  4. Und immer sind da die Spuren deines Lebens, Gedanken und Augenblicke, sie werden uns immer an dich erinnern, uns glücklich und traurig machen und dich nie vergessen lassen. (Aus einem Nachruf)

  5. Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. (Dietrich Bonhoeffer)

  6. Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt. (Bertold Brecht)

  7. Sollst nicht murren, sollst nicht schelten, wenn die Sommerzeit vergeht; denn es ist das Los der Welten, alles kommt und alles geht. (Wilhelm Müller)

  8. Am Grabe

Wohin? So klingen der Fragen viel;

Warum sie lösen, bezwingen? Du bist am Ziel.

(Theodor Fontane)



  1. Soll das kurze Menschenleben immer reife Frucht dir geben, musst du jung dich zu den Alten, alternd dich zur Jugend halten. (Heyse)

  2. Jeder Traum, an den ich mich verschwendet,/ jeder Kampf, wo ich mich nicht geschont,/ jeder Sonnenstrahl, der mich geblendet,/ alles hat am Ende sich gelohnt. (Louis Fürnberg)



  1. Was ist das Leben? Ist es ein Traum, wie der Spanier Calderon glaubt? Ein Schatten, der vorüberstreicht, wie Shakespeare seinen Macbeth sagen lässt, oder ein Märchen, das ein Tor erzählt? Ist es ein langer, langer Seufzer vor dem Ausgehen des Atems, wie es Jean Paul definiert, oder eine kurze Erdpartie, nur ein kurzer schwüler Dezembertag? Oder ist es der aufzuckende Schmerz einer Wunde, wie der Pessimist Hebbel meint? Ich glaube, der alte Prediger Müller hatte da mehr recht. Das Leben gleicht dem Stahl. Braucht man ihn, glänzt er. Lässt man ihn still liegen, frisst ihn der Rost.

  2. Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur ein einziges Mal gegeben, und nutzen soll er es so, dass ihn zwecklos verlebte Jahre nicht bedrücken. (Nikolei Ostrowski)

  3. Es kommt nicht auf die Zahl der Tage an, die man auf Erden wandelt, sondern auf deren Inhalt. Leben heißt eigentlich erleben.

    (Bruno H. Bürgel, 1875-1948, dt. Astronom)

  4. Glücklich, glücklich nenn´ ich den,/ dem des Daseins letzte Stunde/ schlägt in seiner Kinder Mitte./ Solches Scheiden heißt nicht Sterben;/ denn er lebt im Angedenken,/ lebt in seines Wirkens Früchten,/ lebt in seiner Kinder Taten,/ lebt in seiner Enkel Mund. (Franz Grillparzer)

  5. Der Trieb, aus unserem Wesen etwas hervorzubringen, was zurückbleibt, wenn wir scheiden, hält uns eigentlich am Leben. (Friedrich Hölderlin)

  6. Der Geist der Toten lebt in der Erinnerung der Lebenden weiter.

  7. Wenn du an mich denkst, erinnere dich an die Stunde, in welcher du mich am liebsten hattest. (Rainer Maria Rilke)

  8. Auf die Frage: „Wie möchten Sie nach ihrem Tod in Erinnerung der Nachwelt bleiben?“, antwortete der schwedische Schauspieler Max von Sydow: „Ich möchte, dass man mich vermisst.“

  9. Du kannst nicht wählen, wie du stirbst oder wann. Aber du kannst bestimmen, wie du lebst. Jetzt! (Joan Baez geb. 1941)

  10. Und manchmal, da denkt er an den Tod: dass bald das Ende ran sein könnte. Ohne Angst, ohne Schmerz, nur so, leicht verwundert: Alles geht weiter wie eh und je, aber du, du wirst zu Grabe getragen und verscharrt. Gerade das ist so schwer zu fassen: Wie kann alles hier weitergehen wie eh und je? Verständlich: Die Sonne wird aufgehen und untergehen, bald werden andere Leute hier wohnen, die man nie kennen wird. Schön, zehn, fünfzehn Jahre erinnert man sich noch, wer dieser Mensch war. Aber dann – Feierabend. Und man wüsste doch gar zu gern, wie es hier einmal aussehen wird. Wenn man bedenkt: Dich gibt´s nicht mehr, dafür andere, irgendwelche anderen, aber dich wird´s nie wieder geben. Wirst ihnen doch irgendwie fehlen? Oder gar nicht?

    (Wassili Schukschin –1929-1974, russischer Schauspieler u. Schriftsteller)

  11. Weißt du, was mich wahnsinnig macht ? Gerade das – dass das Leben weitergeht. Dass es einen Frühling geben wird, dass ein Frühling nach dem anderen kommt, wenn wir schon längst nicht mehr sind. Ich bin so unersättlich, ich will nicht, dass es aufhört. Und selbst, wenn ich mein Leben aus dem Vollen gelebt hätte, so hätte ich es mir doch noch immer reicher gewünscht.

(Stefan Heym, „Kreuzfahrer von heute“)



  1. Es dauert nicht mehr lange; die Zeichen sind da, mehr als zuviel. Ich geh nun ins Siebenundsechzigste, und wenn ein richtiger Stechlin ins Siebenundsechzigste geht, dann geht er auch in Tod und Grab. Das ist so Familientradition. Ich wollte, wir hätten eine andere. Denn der Mensch ist nun mal feige und will dies schändliche Leben gern weiterleben.

Ein ewig Gesetzliches vollzieht sich, weiter nichts, und dieser Vollzug, auch wenn er Tod heißt, darf uns nicht schrecken. In

das Gesetzliche sich ruhig schicken, das macht den sittlichen Menschen und hebt ihn. (Theodor Fontane : „Der Stechlin“)



  1. Ich lerne Altwerden. Es werden mit den Monaten weniger Lebensäußerungen, die mir der Körper noch erlaubt. Immer weniger traute Orte in der Landschaft kann ich zu Fuß noch erreichen. Noch vermag ich mir einzureden, daß es mir nicht schwerfällt. Doch eines Tages werde ich es nicht mehr können. Ich lausche diesem Zeitpunkt entgegen.------Vielleicht ist das der letzte Mai, den ich erlebe. Sollte ich ihn nicht so leicht verleben, wie es irgend geht ? ------Allerorten umklingt mich wie Rauschen im Wald : „Was du tun willst, tue bald !“

    (Erwin Strittmatter : „Vor der Verwandlung“)



  1. In jedes Menschen Leben schlägt die Stunde, da er zu rätseln beginnt: woher bin ich gekommen und wohin gehe ich? Und was überlebt von mir und meinen Tagen, wenn überhaupt etwas? Und was war der Sinn des Ganzen? Da mögen die klügsten Gelehrten noch so weit vorgestoßen sein bis hin zu den äußersten Bereichen von Zeit und Raum: es bleiben doch die letzten Fragen nach Ursprung und Ende allen Lebens, des eigenen eingeschlossen, und der Herkunft der Gewalten, die dieses Leben vernichten können nach Belieben oder eine Gnadenfrist noch gewähren – Fragen, auf die wir ebenso wenig Antwort wissen wie unsere Vorfahren vor Jahrtausenden, welche nicht anders, als wir es tun, dem großen Mysterium den Namen Gott gaben. Man macht sich schon Gedanken über den Tod, wenn man in die Jahre kommt. Ich weiß nicht, was nach dem Exitus passieren wird. Ich habe eine große Befürchtung: gar nichts, und das wäre natürlich die langweiligste Lösung.

(Stefan Heym: „Offene Worte in eigener Sache 1989-2001“)



  1. Ich weiß, ganz ohne Schmerz wird es nicht gehen, aber kein zu schwerer Schmerz, ich bitt dich, Gott, kein Schmerz, der zu lang dauert und zu schwer ist zu ertragen, sondern hab ein Einseh´n, ich bitt dich, und nimm mich in deine wunderbaren sanften Hände und leg mich wohin, wo es nicht zu kalt ist und nicht zu heiß und wo ein Lüftchen weht, ein leichtes, und wo es duftet ein bissel nach Frühling, Du weißt schon, Amen.

(Stefan Heym in seinem „Postskript“, geschrieben am 3. Dezember 2001, zwei Wochen vor seinem Tode in Jerusalem).



  1. Die Erfahrung, dass alle Menschen sterben müssen, ist keinem von uns so tief ins Unterbewusstsein gedrungen, dass sich nicht sein letztes Innerstes mit aller Macht wehrte gegen die Vorstellung einer Welt, die ohne ihn weiter existieren könnte.

(Lion Feuchtwanger –1884-1958)



  1. Nehmt die Blumen des Lebens fröhlich, wie sie der Augenblick gibt, und forscht nicht nach den Wurzeln im Grunde, denn unten ist es freudlos und still. (Joseph Eichendorff)

  2. Lass nur den alten Baum absterben, wenn nur die Hoffnung des Waldes bewahrt wird. (Walter Scott „Ivanhoe“)

  3. Und fürchte dich nie, ist der Tod auch nah,/ je mehr du ihn fürchtest, um so eh´r ist er da./ Vorm Tod sich fürchten, hat keinen Zweck./ Man erlebt ihn ja nicht,- wenn er kommt, ist man weg./ Und schließlich kommen wir all´ an die Reih´/ und in fünfzig Jahren ist alles vorbei. ( Otto Reutter 1870-1931)

  4. Zu leben, als sei jeder Tag der letzte und als gebe es keinen letzten Tag. Jeden Tag, als ob er kein Ende hätte, jedes Ende, als ob es nur ein Übergang sei. (Walther Victor)

  5. Was wäre das Leben ohne den Tod? Es verlöre seine Einmaligkeit, seine Kostbarkeit. Man hängt daran, weil es unwiederbringlich ist, und deshalb ist es so schön. Der Tod hat einen Sinn, wenn das Leben einen Sinn hatte. (Zum Tode des Schauspielers Norbert Christian).

  6. Menschlich gesprochen, hat auch der Tod sein Gutes: er setzt dem Alter ein Ziel. (La Brue´re)

  7. Rasch tritt der Tod den Menschen an,/ es ist ihm keine Frist gegeben;/ es stürzt ihn mitten in der Bahn,/ es reißt ihn fort vom vollen Leben./ Bereitet oder nicht, zu gehen,/ er muss vor seinen Richter stehen! (Schiller)

  8. Der Tod, das ist die kühle Nacht,/ das Leben ist der schwüle Tag./ Es dunkelt schon, mich schläfert,/ der Tag hat mich müd gemacht./ Über mein Bett erhebt sich ein Baum,/drin singt die junge Nachtigall,/ sie singt von lauter Liebe,/ ich hör es sogar im Traum. (Heinrich Heine)

  9. Liebe das Leben und denk an den Tod! /Tritt, wenn die Stunde da ist, stolz beiseite./ Einmal leben zu müssen, heißt unser erstes Gebot. / Nur einmal leben zu dürfen, lautet das zweite. (Erich Kästner)

  10. Ich bedaure, dass das Leben so kurz ist. Und es wäre scheußlich, wenn es viel zu lang wäre. (Peter Ustinov)

  11. Je mehr ich mich dem letzten Tag nähere,/ der das menschliche Elend abzukürzen pflegt,/ desto mehr sehe ich, dass die Zeit schnell und leicht vergeht,/und dass meine Erwartung von ihr trügerisch und eitel ist.// Ich sag zu meinem Innern: Nicht viel werden wir/ mehr von Liebe reden, weil der harte und drückende/ irdische Kerker zusammenfällt wie frischer Schnee;/ dann werden wir Frieden haben.// Denn mit ihm wird jene Erwartung fallen,/ die uns so lange getäuscht hat,/ und das Lachen, das Weinen, die Furcht, der Zorn. (Francesco Petrarca-1304-1374)

  12. Über Krebs-Therapie – Wir können mehr Patienten heilen, und die, die wir nicht heilen können, werden länger und besser überleben. (Rolf Kreienberg, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft)

  13. Sterben in Würde, das bedeutet: keine Schmerzen haben, sich nicht hilflos an Apparate ausgeliefert quälen müssen, nicht einsam sein, wenn unser Leben zu Ende geht. (Herta Däubler-Gmelin)

  14. Über den Tod – Für uns ist und bleibt der Tod ein Negatives – das Aufhören des Lebens, allein er muß auch eine positive Seite haben, die uns jedoch verdeckt bleibt, weil unser Intellekt durchaus unfähig ist, sie zu fassen. Daher erkennen wir wohl, was wir durch den Tod verlieren, aber nicht, was wir durch ihn gewinnen. So weilt alles nur einen Augenblick und eilt dem Tode zu. Die Pflanze und das Insekt sterben am Ende des Sommers, das Tier, der Mensch nach wenig Jahren: Der Tod mäht unermüdlich. Des ungeachtet aber, ja als ob dem ganz und gar nicht so wäre, ist jederzeit alles da und an Ort und Stelle, eben als wenn alles unvergänglich wäre. (Arthur Schopenhauer-1788-1860)

  15. Was klaget ihr und weinet, dass er uns schon verließ.

    Er war ja nur ein Bote aus Gottes Paradies.

Wisst ihr nicht, dass die Rose nur einen Frühling blüht?

Nur wenig Sommernächte tönt Nachtigallen Lied.“

(Ferdinand Stolle aus dem Lied „Der Heimgang Felix Mendelssohn Bartholdys“)



  1. Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust,

wird es dir sein als lachten alle Sterne.

Weil ich auf einem von ihnen wohne,

weil ich auf einem von ihnen lache.

Nur du allein wirst Sterne haben, die lachen können.

Und wenn du dich getröstet hast,

wirst du froh sein, mich gekannt zu haben.

(Antoine de Saint-Exupe´ry)



  1. Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, ein wenig mehr Licht und Wahrheit in der Welt war, dann hat sein Leben einen Sinn gehabt.

    (Alfred Delp, kathol. Theologe, 1907-1945)



  1. Abschied genommen hat jeder schon einmal in seinem Leben, von Kindergartenfreunden, von Klassenkameraden, von Arbeitskollegen, von Familienmitgliedern, von Freunden oder von Dingen, die einem sehr lange Zeit am Herzen gelegen haben. Diese Abschiede kann man verstehen, hat sie zum Teil ja schließlich selber in die Wege geleitet. Leider hat man keinen Einfluss darauf, dass von einem geliebten Menschen Abschied genommen werden muss, der aus dem Leben geschieden ist. In der Erinnerung jedoch lebt er weiter, die Erinnerung bleibt immer ein Bestandteil des Lebens, denn:

Man geht niemals so ganz!“